Burdah: Ein Gedicht der Liebe und Heilung
Mit den ehrwürdigen Worten „Du bist wahrlich von vortrefflichem Charakter“ (Der Koran, 68:4) preist der Koran den Propheten Muhammad ﷺ, ein Vorbild an Tugendhaftigkeit, Geduld und vollkommener Weisheit. Dieses göttliche Lob inspirierte Generationen von Gläubigen, seine edlen Eigenschaften in poetischen und literarischen Formen zu verherrlichen. Eines der bekanntesten Werke, das die Liebe zum Propheten in kunstvoller Sprache ausdrückt, ist die Qasida Al-Burdah von Imam al-Busiri.
Der Dichter hinter der Burdah: Imam Al-Busiri
Innenhof der Imam Al Busiri Moschee in Alexandria, Ägypten
Abu Abdallah Sharaf al-Din Muhammad ibn Sa'id al-Sanhaji al-Busiri (1212–1295) / (608-691 n.H.) wurde in Oberägypten geboren. Schon in jungen Jahren prägte ihn eine tiefgehende spirituelle und literarische Bildung. Er lernte den Koran auswendig und studierte in Kairo die klassischen islamischen Wissenschaften. Auch arbeitete er als Kalligraph und hatte verschiedene Positionen in der mamlukischen Verwaltung inne.
Doch trotz seines beruflichen Erfolgs zog er sich wegen der in seiner Umgebung verbreiteten Korruption aus dem öffentlichen Leben zurück. Spirituell fand er Halt und Orientierung bei Imam Abu 'Abbas al-Mursi, einem Schüler von Abu l-Hassan al-Shadhili, und vertiefte sich in die Lehren der Shadhiliyya-Tradition. Diese geistige Verbundenheit prägte auch sein dichterisches Schaffen.
Die Entstehung der Burdah
Die Entstehung der Burdah ist mit einer faszinierenden Überlieferung verbunden, die in Kommentaren zum Gedicht erwähnt wird. Während Imam al-Busiri an einer schweren Krankheit litt, die ihn halbseitig lähmte, wandte er sich in inniger Hingabe dem Lob des Propheten Muhammad ﷺ zu. In dieser Phase verfasste er die ersten Verse seines berühmten Gedichts und rezitierte sie unermüdlich in der Hoffnung auf göttliche Heilung.
Ein Vers der Burdah ziert das Schloss der Grabkammer des Propheten Muhammad ﷺ
In der Überlieferung wird berichtet, dass Imam al-Busiri eines Nachts träumte, während er das Gedicht vortrug. In seinem Traum erschien ihm der Prophet ﷺ, hörte seine Verse wohlwollend und übergab ihm als Zeichen der Anerkennung einen Mantel – die namensgebende "Burdah". Dies symbolisierte nicht nur die Bestätigung des Gedichts, sondern verlieh ihm auch eine unvergleichliche Bedeutung.
Ein besonderes Ereignis aus diesem Traum wird hervorgehoben: Als Imam al-Busiri einen Vers unvollendet ließ, vollendete der Prophet ﷺ diesen selbst. Der besagte Vers lautet:
„So ist das höchste Wissen über ihn, dass ein Mensch er ist, und zugleich das Beste aller Geschöpfe.“
Dieser Vers erhielt aufgrund seiner Entstehung eine herausragende Stellung innerhalb des Gedichts und wird traditionell bei Rezitationen dreimal wiederholt.
Nach dem Erwachen soll der Imam geheilt gewesen sein und widmete sein Leben fortan dem Lob des Propheten. Diese Überlieferung macht die Burdah zu einem Werk von einzigartiger spiritueller Tiefe und zeigt, wie eng Kunst, Hingabe und Glaube miteinander verbunden sein können.
Die universelle Popularität der Burdah
Burdah-Verse finden oft Berücksichtigung in der Architektur
Die Burdah erlangte eine außergewöhnliche Stellung in der islamischen Welt. Annemarie Schimmel bezeichnete die Burdah treffend als das „Lieblingsgedicht der Muslime“.
Ihre Popularität führte dazu, dass sie in unzählige Sprachen übersetzt wurde. Schon 1771 erschien eine lateinische Übersetzung unter dem Titel Carmen Mysticum Borda Dictum. Im 19. und 20. Jahrhundert folgten Übersetzungen ins Englische, Italienische und Französische. Die frühesten deutschen Übersetzungen stammen von Vincenz von Rosenzweig-Schwanau (1824) und C.A. Ralfs (1860). Neuere Versionen, etwa von Uwe Topper (1991) und Nouria N. Asfaha (2017), zeugen von ihrem bleibenden Einfluss.
Besonders erwähnenswert ist eine Übersetzung ausgewählter Auszüge ins Deutsche durch Mahmud Kellner und Mariem Dhouib (2020). Ihre Arbeit besticht durch die gelungene Balance zwischen Treue zum Originaltext und Lesbarkeit in der deutschen Sprache und ermöglicht es modernen Lesern, die poetische Schönheit und tiefen Bedeutungen der Burdah nachzuempfinden.
Die Bedeutung der Burdah in der islamischen Tradition
In der islamischen Welt hat die Burdah eine zentrale Stellung, da sie nicht nur gelesen, sondern auch in Moscheen öffentlich rezitiert und in kunstvollen architektonischen Elementen verewigt wurde.
Spezielle „Burdah-Versammlungen“ sind in vielen muslimischen Gemeinschaften ein fester Bestandteil des religiösen Lebens. Dabei wird das Gedicht mit großer Hingabe vorgetragen, oft in melodiöser und rhythmischer Weise, was seinen spirituellen Charakter betont und die emotionale Verbindung zu den poetischen Versen stärkt. Diese Tradition unterstreicht die Schönheit und Harmonie des islamischen Glaubens.
Seit ihrer Entstehung hat die Burdah nahezu die gesamte islamische Welt erreicht – von den Maghreb-Staaten bis nach Südostasien. Sie wird in Moscheen, bei feierlichen Anlässen sowie bei spirituellen Zusammenkünften rezitiert. Die Burdah gilt dabei nicht nur als Ausdruck der Verehrung des Propheten Muhammad ﷺ, sondern auch als ein Mittel, um Segen zu erlangen und das Herz zu reinigen.
Ihre anhaltende Beliebtheit zeigt, wie eng Poesie und Glaubensleben im Islam miteinander verwoben sind und welche transformative Kraft die Worte eines einzigen Gedichts haben können.
Unsere regelmäßigen Burdah-Lesungen
Auch wir als Gesangsverein haben es uns zur Aufgabe gemacht, die lebhafte Tradition der Burdah-Rezitation weiterzuführen. Bei unseren regelmäßigen Burdah-Lesungen schaffen wir Raum, um gemeinsam den einzigartigen Klang der Verse zu erleben und die tiefen Bedeutung des Gedichts zu reflektieren.
Wir laden alle herzlich ein, an diesen besonderen Zusammenkünften teilzunehmen und diese Reise der inneren Einkehr mit uns zu erleben. Die genauen Termine und Informationen zu unseren Burdah-Lesungen werden regelmäßig über unsere Social-Media-Kanäle bekannt gegeben.
Quellen:
Kellner, Mahmud & Dhouib, Mariem: Die Burda: Ein Lobgedicht auf den Propheten Muhammad. BoD, 2020.
Suraqah, Abdul Aziz: The Mainstay - a Commentary on Qasida al-Burda, Abu Zahra Press
Website: Imam Ghazali Institute